Noch keine Kommentare

Das Gebetstreffen – Warum Gemeinden sich regelmäßig zum Gebet treffen sollten

Warum Gemeinden sich regelmäßig zum Gebet treffen sollten

Artikel von Brad Wheeler  – 7 Min Lesedauer

Wenn du eine Veranstaltung in das Programm deiner Ortsgemeinde aufnehmen könntest, welche wäre es? Eine Frauenfreizeit oder ein Männerfrühstück? Würdest du ein Seminar über Evangelisation starten oder einen neuen Hauskreis? Einen Sonntagabend-Gottesdienst für diejenigen, denen das frühe Aufstehen schwerfällt, oder eine Bibelstunde unter der Woche?

Seit ich vergangenen Herbst in einer neuen Gemeinde als Pastor angestellt bin, habe ich mir diese Frage immer und immer wieder gestellt. Auch wenn viele dieser Vorschläge lobenswert sind, habe ich zusammen mit unseren Ältesten unsere Gemeinde angeleitet, ein regelmäßiges Gebetstreffen am Sonntagabend einzuführen.

Ein Gebetsabend, wirklich? Das hört sich altmodisch und etwas sonderbar an – wie etwas, das Christen getan haben, bevor Elektrizität erfunden wurde, als das Leben einfacher, die Kirchen kleiner und unsere Terminkalender weniger voll waren. Und tatsächlich haben wir manchen Gegenwind aus der Gemeinde bekommen: Jemand hat zu mir gesagt, dass wir doch jetzt schon zu viel beten. Er meinte, dass unsere Gebetszeiten im Gottesdienst bereits zu lang seien. Sie würden die Fähigkeit des Musikteams beeinträchtigen, eine Lobpreis-Atmosphäre zu schaffen, und die Anbetungszeit stören. Andere haben mich darauf hingewiesen, dass diese Entscheidung Gesetzlichkeit fördern kann: Manche könnten das Gefühl bekommen, etwas tun zu müssen. Weitere Stimmen waren darüber besorgt, dass das Gebetstreffen die Gemeinschaft behindern könnte, da Einzelne ihren Hauskreis verlassen würden, um zum gemeinsamen Gebetsabend zu kommen.

Weshalb soll es also ein Treffen geben, das weitestgehend dem gemeinsamen Gebet gewidmet ist? Lass mich vier Gründe nennen.

1. Es erinnert unsere Gemeinde daran, dass Gebet wichtig ist

Es ist nicht sonderlich schwer, Gemeindemitglieder zu einer Veranstaltung zu überreden oder sie in einen Hauskreis einzuladen. Hunderte kamen zu unserer letzten Frauenfreizeit. Etliche waren beim Männerfrühstück und Secret Church (dt. „Geheime Kirche“) dabei. Weshalb zögern dann so viele, zu einem gemeinsamen Gebetstreffen zu kommen? Weshalb ist der Gebetsabend in so vielen Gemeinden so selten geworden wie ein Telefon mit Wählscheibe?

Einfach gesagt: Gebet ist nicht sexy. Es ist nicht unterhaltsam. Gebet ist oft nicht einfach oder bequem. Es braucht Arbeit und Anstrengung. Deshalb hat Jesus uns das Gleichnis von der hartnäckigen Witwe in Lukas 18 gegeben, sodass wir verstehen, „dass es nötig ist, allezeit zu beten und nicht nachlässig zu werden“ (Lk 18,1). Wir sind es gewohnt, mit Musik und Medien, Podcasts und Predigten überschwemmt zu werden. Doch Gebet verlangt von uns, die Welt aus- und unseren Kopf anzuschalten.

„Das Neue Testament lehrt, dass die Gemeinde der Tempel des Heiligen Geistes ist. Sind unsere Gemeinden also Häuser des Gebets, wie Gott es beabsichtigt hat?“

Genau das müssen wir tun – und zwar nicht nur als Einzelne, sondern als Gemeinschaft, zusammen. In Matthäus 21 tadelt Jesus die Menschen dafür, dass sie den Tempel in etwas wie den Börsensaal der Frankfurter Börse verwandelt haben. Er sagt: „Mein Haus soll ein Bethaus genannt werden“ (Mt 21,13). Das Neue Testament lehrt, dass die Gemeinde der Tempel des Heiligen Geistes ist (vgl. 1Kor 2,16). Sind unsere Gemeinden also Häuser des Gebets, wie Gott es beabsichtigt hat? Nehmen wir uns die Zeit zum Beten? Setzen wir das gemeinsame Gebet auf unserer Prioritätenliste ganz nach oben? Oder ist das Gebet im Gottesdienst nur ein Lückenfüller zwischen den Liedern?

Ein bekanntes Zitat von Robert Murray M’Chayne lautet:

„Was ein Mensch allein auf seinen Knien vor Gott ist, das ist er, und nicht mehr.“
Was, wenn wir den gleichen Maßstab an unsere Gemeinden legen würden? Was würde das über uns aussagen? Das gemeinsame Beten gibt den Menschen den Eindruck, dass Gebet wichtig – ja, absolut notwendig – ist. Unser Kampf richtet sich gegen geistliche Mächte. Daher werden geistliche Waffen gebraucht. Und welche größere Waffe gibt es als das Gebet? Nicht nur das Gebet eines Einzelnen, sondern das von Dutzenden, Hunderten, ja sogar Tausenden.

2. Es zeigt unserer Gemeinde, wie wir beten sollen

Ich erinnere mich an das erste Mal, als ich vor anderen Leuten gebetet habe. Ich war frisch bekehrt und so verwirrt und überfordert, was ich sagen sollte. Was habe ich also gemacht? Ich habe wiederholt, was andere gebetet haben.

Neben dem Studium von Daniels, Paulus’, Hannahs oder Marias Gebeten, gibt es nichts, das uns so gut beten lehrt wie die Gebete, die wir von unseren Geschwistern in der Gemeinde hören. Wenn wir uns wünschen, dass unsere Gemeinden biblisch und bedacht beten, mit andächtiger Ehrfurcht und persönlicher Zuneigung, dann müssen wir ihnen dies gemeinsam vorleben. D.A. Carson bemerkt zutreffend:

„Suche dir Vorbilder, aber suche sie dir bedacht aus. Prüfe ihren Sinn, ihre Tiefe, ihre Leidenschaft, ihre Ausstrahlung – aber ahme nicht ihre Redeweise nach.“

„Unser Kampf richtet sich gegen geistliche Mächte. Daher werden geistliche Waffen gebraucht. Und welche größere Waffe gibt es als das Gebet?“

3. Es vereint unsere Gemeinde im Wille Gottes

Wir sind von Natur aus Narzissten. Wir haben kein Problem damit, für unsere eigenen Nöte, Wünsche und Sehnsüchte zu beten. Es ist auch nicht falsch, das zu tun. Wir sollen sogar für diese Dinge beten. Doch wie bedauerlich ist es, wenn solche Dinge unser Gebetsleben, vor allem unser gemeinsames Gebetsleben, dominieren. Immerhin sind nicht wir der Mittelpunkt der Menschheitsgeschichte. Unsere Gesundheit und unser Glück sind nicht Ziel und Zweck der Menschheitsgeschichte. Stattdessen ist die Gemeinde und ihr Wohlergehen Ziel und Zweck der Menschheitsgeschichte (vgl. Eph 3,1–13).

Wenn wir uns versammeln und das Geistliche wichtiger erachten als das Körperliche, die Gemeinschaft über den Einzelnen stellen, dann vereinen wir unsere Gemeinde im Willen Gottes für seine Gemeinde. Das gemeinsame Gebet macht unsere gemeinsame Einheit und unser gemeinsames Zeugnis zu unserem gemeinsamen Anliegen.

„Das gemeinsame Gebet macht unsere gemeinsame Einheit und unser gemeinsames Zeugnis zu unserem gemeinsamen Anliegen.“

4. Es bereitet unsere Gemeinde auf Gottes Handeln vor

Das vereinte Gebet der Gemeinde hat viele der großartigen Ereignisse im Buch der Apostelgeschichte gekennzeichnet. Es hat ihr Leben an Pfingsten bestimmt (vgl. Apg 2,42). Es hat die Gläubigen mit dem Geist ausgerüstet, das Wort Gottes freimütig zu verkündigen (vgl. Apg 4,31). Gebet hat die Einsetzung der ersten Diakone (vgl. Apg 6,6), die Verbreitung des Evangeliums unter den Samaritern (vgl. Apg 8,15) und sogar Petrus’ Vision, das Evangelium den Nationen zu verkündigen, gekennzeichnet (vgl. Apg 10,9). Um genau zu sein war es das Gebet der Gemeinde, das zu Petrus’ Freilassung aus dem Gefängnis geführt hat (vgl. Apg 12,5)!

Liebe Freunde, das Gebet verändert den Lauf der Dinge! Das ist der Grund, weshalb Petrus erwartet, dass die Gemeinde gemeinsam betet – Männer und Frauen zusammen (vgl. 1Kor 11,14). Gebet ist das von Gott gegebene Mittel, um seine übernatürlichen Ziele zu erreichen. Es ist sowohl persönlich als auch mächtig. Jesus erinnert seine Jünger daran, dass es manche Hürden gibt, die mit nichts außer Gebet zu bezwingen sind (vgl. Mk 9,29).

Wie Jamie Dunplot in The Compelling Community (dt. „Die anziehende Gemeinschaft“) bemerkt:

„Gott liebt es, seinen Ruf zu verteidigen. Wenn wir gemeinsam beten, werden unsere Nöte bekannt. Wenn er antwortet, wird seine Ehre bekannt.“
Gebet bereitet unsere Gemeinde auf Gottes Handeln vor.

Unser erstes Gebetstreffen
Letzten Monat haben wir zum ersten Mal seit Langem wieder einen Gebetsabend veranstaltet. Während wir durch das Treffen gestolpert sind, gab es manche peinlichen Momente und Patzer. Es lief nicht ganz so, wie ich es geplant hatte, und daran bin ich zum großen Teil selbst schuld!

Aber das ist in Ordnung. Denn wir, das Volk Gottes, haben in der Kraft Gottes gebetet. Wir haben das getan, wozu keine anderen Menschen oder Einrichtungen auf der Erde das Privileg haben. Wir werden es wieder tun. Und wir werden wachen und warten und das erwarten, was Gott selbst für seinen Namen tun wird.


Brad Wheeler ist Pastor der University Baptist Church in Fayetteville, Arkansas (USA). Dieser Beitrag erschien zuerst bei 9Marks & Evangelium21. Wiedergabe mit freundlicher Genehmigung.